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Wunden der Seele

Verarbeitung seelischer Verletzungen

Viele Menschen machen im Laufe des Lebens die schmerzliche Erfahrung, dass ihr Weg keineswegs so störungsfrei und geradlinig verläuft wie von ihnen zunächst geplant. Die Reibungslosigkeit und Unbekümmertheit des menschlichen Daseins scheint mehr in unseren Köpfen als in der Realität stattzufinden. In einer Zeit, in der wir zum Mond fliegen und tiefe Einblicke in die Weite des Universums nehmen können, in einer solchen Zeit erscheint es unverständlich, dass wir bei der Erforschung unseres eigenen inneren Planeten, unserer Seele, noch ganz am Anfang unserer Erkenntnisse zu stehen scheinen. Wie tief uns dieses Wissensdefizit treffen kann, erfahren wir immer dann, wenn wir persönlich mit einem seelisch stark belastenden Ereignis konfrontiert werden und dabei merken, dass unsere natürlichen Selbstheilungskräfte nicht ausreichen, die entstandene Wunde in uns dauerhaft zu schliessen. Einige Erlebnisse können dabei so bedeutsam und prägend sein, das sie tiefe Spuren in uns hinterlassen. Diese zumeist unerwartet eintretenden Ereignisse können unser Inneres nachhaltig beeinträchtigen, so dass unser Lebenswille und unsere Lebensfreude über Jahre hinweg anhaltend blockiert werden. Ein ganzes Lebenskonzept kann auf diese Weise in Frage gestellt werden.

Das Leben kennt nicht nur harmonische Töne

Bei Ereignissen wie bei einem Banküberfall, Eisenbahnunglück, Flugzeugabsturz oder Schiffsuntergang stehen zumeist professionelle Helfer vor Ort bereit, um den Leidtragenden und den Angehörigen möglichst rasch umfassende medizinische Hilfe, vor allem aber auch seelischen Beistand zu gewährleisten. Diese großen Katastrophen ereignen sich zum Glück eher selten. Viel häufiger dagegen sind seelische Alltagskatastrophen wie zum Beispiel der unerwartete Tod eines geliebten Menschen, der plötzliche Eintritt einer schweren Erkrankung oder der dauerhafte Verlust einer großen Liebe, das Scheitern einer Ehe. Auch die permanenten Demütigungen in einer zerrütteten Lebensgemeinschaft oder der Verlust des Arbeitsplatzes können hierzu gezählt werden. Diese alltäglichen Katastrophen stehen nicht in der Zeitung und erscheinen auch nicht im Fernsehen, sind aber für die Menschen, die diese erleiden, eine schwere zum Teil unerträgliche Belastung, die sich unbehandelt rasch zu einem anhaltenden seelischen Schaden ausweiten kann. Dabei scheint es, dass nach einem persönlich erlittenen Ereignis jeder auf sich selbst gestellt ist. Die Anteilnahme der Umwelt ermüdet rasch. Bei den Betroffenen überwiegt die Vorstellung, die Behandlung des entstandenen seelischen Schadens mit sich selbst ausmachen zu müssen. Ein gebrochener Fuß erntet oftmals mehr Mitgefühl als eine verletzte menschliche Seele. Man sieht sie nicht. Traumatisierte Menschen sind nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Im Gegenteil, diese bemühen sich, vollkommen normal zu wirken, damit, wenn schon das Innerste verletzt ist, wenigstens das äußere Erscheinungsbild Normalität signalisiert. Dieses Verhalten erspart bohrende Fragen, welche die nach außen hin getragene Maske einer vermeintlich stabilen Emotionalität enttarnen könnte. Gerne versuchen wir unsere Gefühle und unsere Tränen vor den Mitmenschen zu verbergen. Wir wollen ihnen nicht zeigen, wie verletzbar wir sind. Sich professionelle Hilfe zu suchen, wenn plötzlich das Gefühl überwiegt, ein Problem nicht alleine bewältigen zu können und man sich immer nur im Kreise zu drehen scheint, ist für viele Menschen nicht einfach. Die Hemmschwelle, einen Therapeuten hinzuzuziehen wenn die innere Balance verloren zu gehen droht, ist immer noch groß. Es überwiegt die abwehrende Meinung “man sei ja schließlich nicht verrückt”, was solle man da schon bei einem “Seelenklempner”. Doch Vorsicht, ganz so einfach sind die Dinge nun doch nicht.
 

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